Der Läufer und die sieben Rehlein
Heute darf ich ein kleines Laufmärchen erzählen. Verfasst vom Jüngsten der Gebrüder Zemp. Alle sind oder waren sie Läufer. Doch diese Geschichte sollte nur dem jüngsten von ihnen vergönnt sein. Erlebt und erdacht eines Morgens im Jahre 2023 auf den Hügeln zwischen Greifensee und Zürichsee. Inmitten von Schneeschauer und kühlen Winden. Aber lest selbst…
Der Läufer
Es war einmal ein Läufer. Also meine Wenigkeit. Eines Morgens in noch nicht allzu ferner Vergangenheit – also gestern – , schnürte eben dieser Läufer – also ich – seine Laufschuhe und machte sich auf, die heimische Landschaft zu erkunden. Laufend. Er war schliesslich Läufer. Los ging es am frühen Morgen des Montags dieser Woche. Stets hoch dem Pfannenstiel entgegen, dessen Gipfel im Laufe des Laufes nie so recht erreicht werden wird.
Hoch über dem Greifensee lief der adrette Läufer durch Benglen hindurch, an Ebmatingen vorbei, mitten durch Aesch und unterhalb des Forchdenkmals wiederum vorbei. Die Höhe von Forch erreicht, dachte er sich, die anstrengensten Höhenmeter seien getan. Doch falsch gedacht, die wirklichen Anstrengungen sollten erst noch folgen. Auf dem 27.37 Kilometer langen Lauf wird der Läufer 500 anstrengende Meter bergauf laufen und deren 685 bergab. Teils steil, manchmal noch steiler.
Die Rehlein
Der Greifensee war schon länger aus dem Blicke des Läufers entschwunden und der Zürichsee noch eine Weile verborgen. Hier auf den Hügeln des Pfannenstiel durchlief er die lichten Wälder und erblickte voller Freude auf einer Wiese inmitten des Waldes – vom gemeinen Volke auch Waldlichtung genannten – sieben Wesen auf jeweils vier Beinen. Erhobenen Hauptes schauten sie zu ihm. Andere grasten einfach weiter.
Doch der Läufer lies das Laufen für kurze Zeit bleiben und blickte zu den sieben zauberhaften Rehlein hin. Er ohne zu grasen. Er blickte. Sie blickten. Alle standen sie still. Fast alle, müsste man sagen. Einer lief schon bald auf und davon in den Schutz des Waldes. Seine sieben Rehfreunde blieben stehen. Und grasten einfach weiter. Oder schauten. Dem Läufer entgegen, welcher sodann sein Smartphone gezückt hatte und den Versuch wagte, ein Bild der sieben Rehlein zu knipsen. Der sieben Rehlein, welche nun noch sechs Rehlein waren. Immer noch ein wahrhaft wunderschöner Anblick.
Die Jahreszeiten
Die verbliebenen sechs Rehlein begannen zu laufen. Hörten auf zu grasen. Fast alle. Der Läufer seinerseits führte seinen Lauf ebenfalls fort und fand sich schon bald im bitter kalten Kampf der Jahreszeiten wieder. Der Frühling war im Winter schon deutlich wärmer und der Winter seinerseits war selten winterlicher als nun im beginnenden Frühling. Der Wind biss dem Läufer bitterkalt ins Gesicht und der Schneeschauer wirbelte in weissen Flocken um ihn herum.
Inmitten dieser Wetterturbulenzen erblickte er den Zürichsee hoch über Herrliberg und Erlenbach. Von nun an wird es bergab gehen. Dachte der Läufer. Doch schon wieder falsch gedacht. Immer wieder werden die Läuferbeine an teils fies steilen Anstiegen gefordert. Fühlt man sich gedanklich im Abwärtslaufen, so werden solche Steigungen nur noch steiler. Und immer wieder den Zürichsee tief unten im Blick, dessen Ufer er heute nie erreichen wird.
Die Königsdisziplin
Das Ziel erreicht er dennoch. Beim Stadelhofen in der Stadt Zürich erklärt der Läufer seinen Lauf für beendet. In weniger als drei Wochen wird er wieder laufend in der Stadt Zürich anzutreffen sein. Gemeinsam mit vielen Lauf- und Leidensgenossen wird er am Sonntag, dem 23. Tag des Monats April frühmorgens um 8 Uhr auf der Quaibrücke die Königsdisziplin des Laufens in Angriff nehmen.
Am Zürich Marathon wird der Läufer satte 14.825 Kilometer weiter laufen als beim hier geschilderten Lauf über den Pfannenstiel. Und trotzdem wird es dankenswerterweise rund 500 Meter weniger bergauf und 685 Meter weniger bergab gehen. Die Laufdistanz wird wohl der einzig wahre Gegner des Läufers sein. Doch er ist gewillt und motiviert, diesem Gegner den Meister zu zeigen und die 42.195 Kilometer erfolgreich zu bezwingen. Damit am 23. April 2023 ein weiteres Laufmärchen geschrieben werden kann.
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