Durch wilde Schöllenen und enges Reusstal zur öffnenden Reussebene
Auf gehts zu Lauf Nummer 3 meines Laufes entlang der Reuss an Tag Nummer 3 unseres Familienwochenendes in Andermatt. Es ist unser letzter Tag hier oben inmitten der zahlreichen Alpenpässe. Während ich mich laufend verabschiede und die Schöllenen runter laufen werde, fahren meine beiden Liebsten mit unserem VW-Bus bis zur Reussebene kurz vor dem Vierwaldstättersee. Dort treffen wir uns bei Freunden und da wartet eine mehrfache Kühlung auf mich – innen und aussen.
Erwachen im Nebel von Andermatt
Aber erst heisst es nun, den längsten der drei Läufe innnert dreier Tage zu meistern. Gut 30 Kilometer liegen vor mir. Der Start liegt beim Camping Andermatt und das geplante Ziel beim Bahnhof in Erstfeld. Ab hier bis zum Vierwaldstättersee hat auch der Kanton Uri noch ein paar flache Quatratkilometer, wenn auch nicht viele. Der heutige Lauf wird jedoch alles andere als flach. Knapp 1’300 Höhenmeter werde ich abwärts laufen und trotz abwärtstrend gilt es noch über 300 Meter aufwärts zu laufen.
Vom Camping geht es einmal quer durch Andermatt und schon bald einfach mal durch die Schöllenen runter nach Göschenen. In der Schöllenen fällt die Reuss teils sehr steil ab und war lange Zeit einer der grössten Engpässe bei der Überquerung des Gotthardpasses. Kurz nach Andermatt folgt zudem die bekannte Teufelsbrücke, bei welcher die Urner den Teufel überlisteten, wie die Sage der Teufelsbrücke erzählt.
Die Sage der Teufelsbrücke
Das Erbauen einer Brücke über die reissende und steil abfallende Reuss an besagter Stelle, war darart schwierig, dass die Urner einen Pakt mit dem Teufel eingingen. Auf ihren verzweifelten Ruf „Da soll doch der Teufel eine Brücke bauen!“ erschien dieser und sagte: „Ich will euch eine Brücke bauen. Aber der Erste, der darüber gehen wird, soll mir gehören.“ Die Urner willigten in den Handel ein und nach drei Tagen Bauzeit wölbte sich eine Brücke über die Reuss.
Der Teufel forderte seinen Lohn, doch anstatt eines Menschen schickten die Urner einen Ziegenbock über die Brücke und riefen: „Den magst du behalten. Hier hast du die erste Seele, welche die Brücke überquert!“ Ausser sich vor Zorn zerriss der Teufel den Ziegenbock und holte einen gewaltigen Stein, mit welchem er die Brücke wieder zerstören wollte. Da kam ein altes Mütterchen des Weges, erkannte ihn und ritzte ein Kreuz in den Stein. Als der Teufel dies sah, verfehlte er sein Ziel und der Stein flog bis ins Tal, wo er bis heute bei Göschenen, direkt neben der Autobahn liegt.
Im Urner Reusstal
Das Urner Reusstal zwischen Göschenen und Erstfeld ist ein Spektakel für sich. Flache Meter sucht man hier meist vergebens, und dennoch schlängelt sich eine der Haupt-Nord-Süd-Verkehrsachsen der Alpen hindurch. Bahnstrecke, Autobahn, Hauptstrasse und ja, auch ein Wanderweg. Bahn und Autos fahren hier mehrheitlich entweder im Tunnel oder auf einer Brücke und queren immer mal wieder das Tal und somit die Reuss. Die schlängelt sich hier nämlich auch noch durch. Mal ganz gemütlich, mal wieder steil und wild.
Nebst wandernd oder wie ich laufend das Reusstal zu entdecken, kann ich die Zugfahrt über die mittlerweile alte Gotthard-Bergstrecke sehr empfehlen. Seit 2016 fährt der Hauptzugverkehr durch den neuen Gotthardbasistunnel zwischen Erstfeld und Bodio im Tessin. So ist man mit Höchstgeschwindigkeit sehr schnell im Süden, verpasst dafür die eindrückliche Fahrt auf der alten Bahnstrecke mit den Kehrtunnels im Urner Reusstal sowie in der Leventina im Tessin. So erreichte die Kirche von Wassen grosse Bekanntheit, da man mit dem Zug insgesamt drei mal daran vorbei fährt, jedoch auf unterschiedlichen Höhenniveaus.
Wenn man bedenkt, dass die Gotthard-Bahnstrecke 1882 eröffnet wurde, beeindruckt es umso mehr, mit welcher Präzision insbesondere die Kehrtunnels erbaut wurden, mit welchen die Bahn den grossen Höhenunterschied von über 600 Meter auf Urner Seite und noch mehr auf Tessiner Seite überhaupt schaffen kann. Damals war der 15 Kilometer lange Tunnel zwischen Göschenen und Airolo zudem der längste Bahntunnel der Welt – so wie heute also der neue Gotthardbasistunnel.
Von Asphalt bis Bergwanderweg
Auf meinem Lauf durch das Reusstal Richtung Erstfeld lief ich stets auf dem Wanderweg, welcher auch meist der einzige vorhandene Fussweg auf der ganzen Talbreite überhaupt ist. Teilweise war dieser auf Asphalt, oftmals jedoch auf schönen Naturwegen und streckenweise verläuft der Wanderweg als eindrücklicher und teils ausgesetzter Bergwanderweg. Sogar an bergseitigen Stahlseilen zum Festhalten kam ich vorbei, als es auf der anderen Seite mal durchaus sehr stutzig abwärts ging. Stolpern verboten, Vorsicht geboten!
Kurz gesagt: Der Wanderweg durch das Urner Reusstal ist äusserst abwechslungsreich und sehr empfehlenswert. Zur Einschätzung, ob man den Weg laufen kann, sollten jedoch nicht die einfachen Abschnitte betrachtet werden. Es ist aus meiner Sicht insgesamt absolut ein Bergwanderweg und gutes Schuhwerk und Trittsicherheit empfohlen. Bei Gurtnellen nach etwa 18 Kilometer liege ich bereits 700 Höhenmeter tiefer als beim Start in Andermatt, doch kurz danach folgte nochmals ein deftiger Aufstieg.
Was für die müde werdenden Beine, damit sie am Ende auch wirklich richtig müde sind. Also gut, nützt ja alles nichts. Nochmals kurz und deftig hoch und schon geht es bis Amsteg wieder zügig abwärts. Ab Kilometer 23 bei Amsteg wird es verglichen mit den bisherigen Kilometer direkt schon langweilig flach. Mit immer stärker werdender Sonne werden die letzten sieben Kilometer nochmals richtig anstrengend. Umso glücklicher war ich, als ich in Erstfeld den Bahnhof erreichte. Noch glücklicher wenig später im Garten von Freunden bei einem alkoholfreien Radler. Und noch glücklicher kurze Zeit darauf im Pool desselben Gartens.
Weiter geht es nun mit meinem Lauf entlang der Reuss nach den Sommerferien. Der nächste Lauf wird mich von Erstfeld nach Flüelen an den Vierwaldstättersee bringen. Geniesst den Sommer, bis bald!
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