Scheisshaus vs. Catcher Car am Wings for Life World Run
Der Wings for Life World Run ist anders als jeder andere Lauf und mein persönlicher Lauf war nochmals ganz anders, als ich mir dies gewünscht hatte. Doch trotz WC-Halt und Erkältung in den Tagen zuvor war der Lauf gegen den Catcher Car einmal mehr ein super Erlebnis. 30 Kilometer waren mein Wunschziel, 18 Kilometer habe ich geschafft – und darüber war ich am Ende unglaublich glücklich und stolz. Nicht immer läuft es halt so rund, wie man sich dies wünscht.
Start – Runter an den Greifensee
Sonntag, 7. Mai 2023, exakt 13:00 unserer Zeit. Gemeinsam mit über 200’000 Menschen weltweit starte ich mit dem Knopf im Ohr zum Wings for Life World Run 2023. Ich starte zu Hause in Pfaffhausen mit der App und laufe via Benglen rund 160 Höhenmeter runter nach Fällanden an den Greifensee. Von nun an, nach drei Kilometern, ist es flach. Mein Plan ist, gegen den Uhrzeigersinn um den See zu laufen und am Ende irgendwo in oder um Fällanden vom Catcher Car eingeholt zu werden.
Mein Ziel: 30 Kilometer. Dieses Ziel war jedoch schon vor dem Start mit einem grossen Fragezeichen behaftet. Die Woche zuvor war ich erkältet und mein Körper spürbar nicht so fit, wie noch Ende April am Zürich Marathon. Und mal ehrlich, mit dieser Form hätte ich den Marathon sicherlich nicht geschafft. Noch ehrlicher: ich hätte wohl gar nicht erst starten sollen. Aber egal, am Zürich Marathon lief es bestens. Heute jedoch leider nicht.
Halt – Zwischenhalt auf dem ToiToi
Der geschwächte Körper war das eine, zuerst aber schlug ein anderes äusserst dominantes Körperorgan zu: der Verdauungstrakt. Und das war nun wortwörtlich SCHEISSE! Sicherlich drei Kilometer lang war das Laufen überhaupt nicht mehr lustig, doch ich wusste, wo das nächste Klo kommt und wollte mich unbedingt irgendwie dorthin kämpfen. Nach total gut sieben Kilometern war es endlich soweit und ich konnte mich auf dem ToiToi bei der Seebadi Maur erleichtern.
Mensch, hat das gut getan. Nur leider gingen damit satte acht Minuten flöten. Acht Minuten, in denen der Catcher Car mir unweigerlich näher kommen konnte. Aber es hilft halt alles nichts, was sein muss, muss sein. Punkt. Weiterlaufen! Erleichtert lief ich wieder los, weiter dem See entlang. Natürlich im Wissen, dass ich heute mein Ziel der 30 Kilometer ganz sicher nicht erreichen werde. Aber auch im Wissen, dass ein toller Lauf noch immer drin liegt.
Kampf – Der Körper ist müde
Meine Verdauung gab von nun an Ruhe, doch die Müdigkeit meines Körpers in Folge der Erklältung kam immer stärker zum Tragen. Dennoch lief es lange Zeit noch ziemlich gut. Natürlich drosselte ich das Tempo und passte es meinem Gefühl an. Ich wollte einfach möglichst lange möglichst konstant und möglichst locker weiter laufen.
Mit diesen Strapazen des WC-Stopps und dem müden Körper, entschied ich mich jedoch, kurz nach Maur zu wenden und in der Region um Fällanden zu laufen, bis der Catcher Car mich schnappt. Aus dem einfachen Grund, stets in der Nähe einer Bushaltestelle zu sein, wenn es dann wirklich nicht mehr geht. Denn es war ein Kampf und dieser wurde nicht kleiner, je länger der Lauf andauerte.
Ziel – Endlich vom Catcher Car eingeholt
So kam der Moment, wo ich mir den Catcher Car herbeisehnte, doch dieser lies auf sich warten. „Hallo, hier ist dein Catcher Car und ich bin jetzt drei Kilometer hinter dir“. Dies und ähnliches klang aus meinem Ohrstöpsel von der App, als ich mich selbst bereits saumässig elend fühlte. Wann nur ist dieser Lauf endlich vorbei? Das Laufformat des Wings for Life World Run ist doch so genial und einzigartig, und dennoch brutal wie kaum ein anderer Wettkampf.
Es gibt hier keine letzte Kurve, keine Zielgerade, kein Zielbogen, kein letzter Kilometer – nein, es gibt einfach den Catcher Car, dessen Pilot sicher immer häufiger meldet, je näher er einem kommt. Von hinten. Das Ziel holt einen ein, anstatt man selbst voller Vorfreude auf die Ziellinie hinläuft. So lief ich Kilometer um Kilometer weiter, bis es der Catcher Car nach 18 Kilometer endlich schaffte, mich einzuholen. Was war ich froh!
Ausblick – Wings for Life World Run 2024
Es ist, wie gesagt, ein einzigartiges und geniales Laufformat und dient einem einzigen, sehr guten Zweck: für jene zu Laufen, die es selbst nicht mehr können. Sämtliche Einnahmen fliessen in die Rückenmarksforschung und so kam auch dieses Jahr wieder eine Spendensumme von 5.8 Millionen Euro zusammen. Mit unserer Teilnahme und Spende dürfen wir so nebst dem Erlebnis eines tollen weltweiten Laufevents noch dazu beitragen, eine Heilung für Querschnittslähmung zu finden.
Seit 2014 findet der Wings for Life World Run statt, 2023 war folglich die 10. Austragung und als Geschenk gab es obendrauf einen neuen Teilnehmerrekord mit 206’727 Startenden. Unglaublich! Die Rückenmarksforschung muss stets weitergehen und so wird auch dieser Lauf weitergehen. Der nächste Wings for Life World Run findet am 5. Mai 2024 statt. Weltweit. An einem der Flagshipruns oder wo du auch immer laufen willst mit der App. Startzeit ist wiederum 13 Uhr MEZ. Bis dann!
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„Das Ziel holt einen ein, anstatt man selbst voller Vorfreude auf die Ziellinie hinläuft.“
Ich denke, das ist wirklich ein Problem dieses Formats. Wenn ich bei einem Volkslauf über die Ziellinie laufe, freue ich mich, dass ich die Strecke geschafft habe und werde eventuell noch von einem Moderator begrüßt und von Zuschauern beklatscht. Das erzeugt positive Gefühle.
Beim Wings for Life World Run werde ich dagegen von einem Auto verfolgt und irgendwann eingeholt. Das hinterlässt eher ein negatives Gefühl.
Ja, genau 🙂
Aber trotzdem finde ich das einmalige Format vom Wings for Life World Run genial, vielleicht auch einfach, weil es mal was ganz anderes ist.